Während dem Lockdown im Frühling 2020 hatten wir coronabedingt einen Besuchsstopp. Wir waren überrascht über die vielen positiven Rückmeldungen der Paare, wie sehr sie die Ruhe im Wochenbett ohne Besuchstermine genossen haben. Auch die Kinder waren merklich entspannter. Dies hat uns veranlasst, ein einjähriges Pilotprojekt zu starten. Heute ziehen wir Bilanz.


In diesem Pilotprojekt haben wir verschiedene Besuchs-Szenarien ausprobiert. Corona ebnete uns mit immer wieder neuen Massnahmen den Weg dazu. Eine zeitlang hatten wir gar keine Besuchende ausser die Väter, dann durften die Geschwister für ein kurzes Bsüechli kommen, später öffneten wir auch für die Grosseltern während zweistündigen Besuchszeiten und in den letzten Wochen waren wieder nur die Väter und die Geschwister erlaubt.

Die Feedbacks der Paare
Die frischgebackenen Eltern haben wir mit einem Feedbackformular zu der Besucherregelung befragt und die Antworten ausgewertet. Die meisten Paare erleben im besuchsfreien Wochenbett klare Vorteile. Die Mütter müssen sich nicht überlegen, ob sie nun vor oder nach dem Besuch stillen möchten und es entstehen keine «unbequemen» Situationen, weil man sich für die bewusste Ruhezeit vor den Eltern, Geschwistern, Tanten, Götti, Gotti etc. rechtfertigen muss. Eine Geburt ist ein kräftezehrendes und emotionsgeladenes Ereignis und eigentlich möchte man nach der Geburt einfach nur in die einzigartige und intime Familienblase eintauchen. Kuscheln, sich kennenlernen, schlafen und das Stillen üben. Die Frauen gehen (auch hormonbedingt) durch alle Facetten der Gefühle und Emotionen - das braucht Ruhe, Rückzugsmöglichkeit und Geborgenheit. Genau das soll im Geburtshaus stattfinden können, ungeachtet von Besuchszeiten. Das Wochenbett im Geburtshaus gibt den Paaren den Raum, mit DIESEM Kind anzukommen und sich kennenzulernen. Die einzigartige Zeit ist umso wertvoller, wenn Zuhause ein, zwei drei oder mehr Geschwister warten. Natürlich gab es auch Stimmen, die gerne mehr oder andere Besuchende empfangen hätten. Es waren aber wenige.

Aus Sicht der Hebammen
Aus Sicht der Hebammen ist der Fall klar: Wir hatten merklich ruhigere Kinder, weniger Stillprobleme und keine Mütter, die einen «Besuchsstress» hatten. Viele Paare haben während der Besuchszeit mit ihrem Neugeborenen ein Nickerchen gemacht oder einfach gekuschelt. Das war sehr schön zu beobachten. Die Wochenbett-Wohnungen waren in der besuchsfreien Zeit ein Ort der Ruhe und Entspannung, was es eigentlich auch sein sollte. Denn nicht nur der eigene Besuch kann in den ersten Tagen nach der Geburt anstrengend sein, sondern auch der Besuch von anderen Familien, die ebenfalls im Geburtshaus sind. Hinzu kommt, dass wir räumlich bedingt nicht die Möglichkeit haben, Besuchende in einem speziell abgetrennten Bereich zu empfangen. Die Stube grenzt gleich an zwei Wochenbett-Zimmer.

Das Fazit: der besuchsfreie Weg
Wir schliessen die Pilotphase ab und wählen ganz bewusst den «besuchsfreien» Weg. Unsere Besuchsbestimmungen passen wir per sofort wie folgt an:

- Partner/Partnerinnen der Wöchnerin: jederzeit und rund um die Uhr willkommen.
- Geschwister: jederzeit für ein kurzes Bsüechli.
- Alle anderen Besuche bitte zu Hause geniessen.

So bekommt die Wochenbett-Zeit die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich verdient und das Geburtshaus erhält das, wofür es steht: Ein Ort der Ruhe und Geborgenheit. Der Körper der Frau kann sich von der Geburt erholen, die Mutter wie das Kind können ohne Unterbrechungen das Stillen üben und die Familie kann in Ruhe ankommen und sich kennenlernen.

Natürlich ist Besuch auch etwas Wunderbares. Aber eben, dieser Moment ist auch nach einigen Tagen genauso zauberhaft.